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Zoff im Berliner Senat

SPD bremst Mobilitätsgesetz aus – Radfahrer ist der Dumme!

Die Fahrrad-Demo auf der Leipziger Straße im Juni 2017
Vergangenes Jahr blockierten Rad-Aktivisten die Leipziger Straße. Jetzt wollen sie wieder demonstrieren Foto: Wolf Lux

Das Mobilitätsgesetz schien beschlossene Sache. Radverkehr und Öffis sollten gestärkt, das Miteinander von Autos, Rädern und Fußgängern besser werden. Doch der SPD fielen jetzt noch die Autofahrer ein.

Das Herz der SPD ist plötzlich RADlos! Eigentlich sollte das Mobilitätsgesetz am Donnerstag im Verkehrsausschuss abschließend beraten werden. Es wäre das erste Gesetz dieser Art in ganz Deutschland.

Mittwoch diskutierten die parlamentarischen Geschäftsführer und Verkehrspolitiker von SPD, Grünen und Linken über Änderungsanträge für das Gesetz. Nach fünf Stunden brachen sie ab, beschlossen, das Gesetz zu vertagen.

Hat sich die Koalition über den Radverkehr verkracht?

Tino Schopf (43, SPD): „Über einen Streit können wir nicht reden.“ Dass die SPD-Fraktion, aber auch Verbände wie ADAC oder Berliner IHK Bedenken an einem reinen Fahrrad-Gesetz hatten, sei immer klar gewesen, so Schopf. „Es gab immer wieder den Hinweis, wir brauchen etwas zum Autoverkehr.“

SPD-Politiker Daniel Buchholz (Foto: picture alliance / dpa .)
SPD-Politiker Daniel Buchholz (Foto: picture alliance / dpa .) Foto: tba pzi .

Vor einer Woche beschloss die SPD-Fraktion dann, ein eigenes Kapitel zum Autoverkehr zu beantragen. Daniel Buchholz (50, SPD): „In Berlin gibt es 1,3 Millionen Autos. Die wollen wir nicht ignorieren.“ Die SPD wolle die Verkehrswende, im Gesetz aber alle Verkehrsteilnehmer behandeln.

Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek (41) hat dafür kein Verständnis: „Das Ziel bestand immer darin, Fuß- und Radverkehr auf Augenhöhe mit Autoverkehr zu setzen. Es wird kein eigenes Kapitel zum Autoverkehr geben.“

Rettung des Gesetzes noch vor der Sommerpause?

Noch am Freitag oder am Samstag werden die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und Linken sich zusammensetzen und versuchen, das Gesetz zu retten. Kapek kritisiert SPD-Fraktionschef Raed Saleh (40): „Er steht im Wort, hat gesagt, dass alle Änderungen im Senat besprochen werden und es im Abgeordnetenhaus reibungslos verläuft.“

Fraktionschef Raed Saleh (SPD), Grünen-Kollegin Antje Kapek: „nachbarliche Belange“
Fraktionschef Raed Saleh (SPD) und Grünen-Kollegin Antje Kapek (Foto: picture alliance / Paul Zinken/d) Foto: pdz jai

Die SPD-Politiker sehen ihre Bedenken als Teil der parlamentarischen Arbeit, wollen einen Kompromiss in der Koalition. Tino Schopf: „Wir lassen das Gesetz wegen eines Kapitels für Autoverkehr nicht platzen. Wir wollen die Verkehrswende. Es ist aber wichtig, dass wir stadtverträglichen Autoverkehr aufnehmen.“

Bei den Linken will man den Streit nicht ausführlich kommentieren. Ein Sprecher der Fraktion: „Entscheidend ist für uns, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause beschlossen wird.“

Die Opposition sieht sich durch den Streit bestätigt. Oliver Friederici (47, CDU): „Die Grünen können sich mit ihrem einseitigen Fahrradgesetz in der Koalition nicht durchsetzen. Die CDU erwartet einen Vorschlag der Regierungsfraktionen, der den Namen Mobilitätsgesetz auch wirklich verdient.“


Seit 2015 kämpfen Berliner Aktivisten für ein Radgesetz: Ein Überblick

► 16. Dezember 2015: Rad-Aktivisten ketten ein goldenes Fahrrad mit ihren zehn Zielen ans Rote Rathaus. Sie fordern u.a. 350 Kilometer sichere Fahrradstraßen, zwei Meter breite Radverkehrsanlagen an jeder Hauptstraße und Sicherheitsmaßnahmen an 75 gefährlichen Kreuzungen pro Jahr.

► 14. Juni 2016: Die Initiative Volksentscheid Fahrrad überreicht dem Senat den Antrag auf ein Volksbegehren. In nur dreieinhalb Wochen hatte sie 105 425 Unterschriften dafür gesammelt.

► Herbst 2016: Bei den Koalitionsverhandlungen einigte sich die Initiative mit den Parteien, auf den Volksentscheid zu verzichten und ein gemeinsames Radgesetz auf den Weg zu bringen.

► August 2017: Der fertige Entwurf für das bundesweit erste Mobilitätsgesetz wird im rot-rot-grünen Senat zur Abstimmung vorgelegt.

► 20. Februar 2018: Der Senat beschließt, den Entwurf des „Gesetzes zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mobilitätsgewährleistung“ beim Abgeordnetenhaus einzubringen.

► 24. Mai 2018: Die abschließende Beratung im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses wird abgesagt, weil die SPD noch „Beratungsbedarf“ hat.

Themen: Fahrrad SPD
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