Berlin. Die Flüchtlingscontainer auf dem Areal des ehemaligen Flughafen Tempelhof kosten 17 Millionen Euro – und werden nur 18 Monate genutzt.

Massig und menschenleer steht die riesige Containerunterkunft für rund 1100 Flüchtlinge auf dem Vorfeld des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Eigentlich sollten dort schon seit dem Spätsommer Asylbewerber wohnen, doch das verzögerte sich aus diversen Gründen, für die sich mehrere Verwaltungen gegenseitig die Verantwortung zuspielen. Nun sollen die ersten 200 Geflüchteten, die bislang noch in einem ehemaligen Flugzeughangar untergebracht sind, im Dezember einziehen. Allerdings müssen die sogenannten Tempohomes bis Ende 2019 wieder verschwunden sein. So ist es im Tempelhof-Gesetz vorgesehen. Und der Abbau dauert mehrere Monate.

Der Bau des Flüchtlingsheims liegt in der Verantwortung der landeseigenen Berliner Immobilien-Management GmbH (BIM). 17 Millionen Euro kostet er, teilte die BIM mit. Am 23. Oktober sei er an das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) übergeben worden, allerdings mit Mängeln, die den Einzug der Flüchtlinge verzögerten. Viele kleine Reparaturen müssten vorgenommen werden, etwa Türen gangbar gemacht, Fenster nachgestellt und Griffe richtig angeschraubt werden. Im Durchschnitt seien drei bis vier Mängel pro Container im Übergabeprotokoll festgehalten, bei 975 Containern kommt da einiges zusammen.

Die mehrmonatige Verzögerung begründete eine Sprecherin mit „Nachträgen, die erst im Frühsommer beauftragt und in der Bauausführung gleich miterledigt wurden“. Das LAF hingegen kontert, der Baufortschritt habe sehr lange etwa am Einbau von Küchen- und Versorgungstrakten gehakt.

Zähe Suche nach Betreiber

Zum Schwarzer-Peter-Spiel gehört auch der Verweis darauf, dass sich die Suche des Landesamtes nach einem Betreiber für die Unterkunft sehr schwierig und zäh gestaltet. „Es gab keinen Bewerber bei der europaweiten Ausschreibung des Betriebs. Das LAF hat daraufhin ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt. Dabei sind mehrere Angebote eingegangen. Deren Prüfung wird laut Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) derzeit abgeschlossen.

Dass sich potenzielle Betreiber so zurückhalten liegt zum einen an der Größe der Unterkunft. Die Tamaja GmbH führt die Notunterkunft und das Ankunftszentrum für Flüchtlinge in den Flughafenhangars. Auch sie hatte keine Neigung, den Betrieb des einzigen Berliner Vierfach-Standorts einer Tempohome-Anlage zu übernehmen. Mit dem laut Ausschreibung vorgesehenen Personalschlüssel lasse sich keine qualifizierte Sozialarbeit in einer so großen Unterkunft leisten, sagte Tamaja-Sprecherin Theresa Jocham. Aber auch die kurze Betriebsdauer bis, realistisch betrachtet, zum Sommer 2019 wirkte offenbar abschreckend.

Kosten in Tempelhof pro Nutzungstag doppelt so hoch

Tempohomes sind jeweils für drei Jahre genehmigt, ihre bauliche und technische Lebensdauer ist allerdings länger. In Tempelhof kommt nur eine Nutzungsdauer von rund eineinhalb Jahren zusammen, folglich sind die Herrichtungskosten dieses Containerdorfs, umgerechnet auf Nutzungstag und Platz, mutmaßlich doppelt so hoch wie bei anderen Tempohomes.

Bleibt die Frage, warum dieses Containerquartier angesichts der ungünstigen Rahmenbedingungen überhaupt gebaut wurde. Kurz vor Ende seiner Amtszeit, im Oktober 2016, schlug der damalige Sozialsenator Mario Czaja (CDU) vor, die Reißleine zu ziehen. Doch der Koalitionspartner SPD entschied anders. Auch bei den Vorbereitungen für das rot-rot-grüne Bündnis stellten Grüne und Linke diese Container-Unterkunft zur Disposition.

„Ich hatte von Anfang an Zweifel am Bau dieser Container-Unterkünfte. Leider waren die Planungen hierfür zum Zeitpunkt der Koalitionsverhandlungen nicht mehr rückgängig zu machen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. Rot-Rot-Grün verständigte sich darauf, die Tempohomes zu errichten, und sie gemäß dem Tempelhof-Gesetz bis Ende 2019 wieder abzubauen. Dem Vernehmen nach führte die SPD vor allem ins Feld, dass die Nichtabnahme der bereits bestellten Container dem Land Berlin hohe Schadenersatzzahlungen beschert hätte.

Stefan Evers, stellvertretender Fraktionschef der CDU im Abgeordnetenhaus, erinnerte hingegen daran, dass im Januar 2016 für die Flüchtlingsunterbringung extra das Tempelhof-Gesetz geändert wurde. Das war hoch umstritten und wurde nicht nur von der Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ als Versuch angesehen, das Ergebnis des Volksentscheids aufzuweichen, der eine Randbebauung des Feldes verhinderte. Zudem hätte ein Verzicht auf das Containerdorf an diesem Ort einen Gesichtsverlust für Michael Müller bedeutet. Der Regierenden Bürgermeister hatte sich sehr für die Änderung des Tempelhof-Gesetzes stark gemacht, um auf dem Areal Geflüchtete unterbringen zu können.

Trotz der exorbitanten Kosten ist derzeit nicht daran gedacht, die Nutzungsdauer der Tempelhof-Container inklusive Abbau über den 31. Dezember 2019 hinaus zu verlängern. Das wäre mit Linken und Grünen wohl nicht zu machen. Antje Kapek baut schon mal vor: „Wir brauchen dringend ein Konzept zur Nachnutzung der Tempohomes, wenn sie bis Ende 2019 abgebaut werden.“

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